Arten und Kontexte von Masken

Eine Übersicht der Arten von Masken im Maskenjahr

Masken sind Teil unseres Lebens, ob verdeckt, offen oder traditionsgebunden. Immer erweitern sie unsere mental-rationale Realität um das Irrationale, die mythisch-psychische Bewusstseinsstruktur, und greifen manchmal weit in ganz frühe, magische Bewusstseinsstufen der menschlichen Evolution zurück.

Für die Schule ermöglichen Masken in vielfacher Weise wertvolle Zugänge zu Psyche, Geschichte, Bewusstsein und – nicht zuletzt – zum Integralen Bewusstsein.

Daher ist es lohnenswert, sich mit Masken im allgemeinen zu beschäftigen, um das breite Spektrum einigermaßen erfassen zu können.

Alltagsmasken

  • Die ganz alltägliche, so gewohnte Maske ist das Ich, die „Ich-Maske“, genauer gesagt: „die Maske, die wir Ich nennen“, also die mental-rationale Form der „Persona“
  • Alltagsmasken werden oftmals durch kleine (quantitative) Veränderungen der Ich-Maske (Schminke, Kleidung, Gestik, Gehabe, ….) variiert. Manchmal erlebt man sie sogar bewusst als Maske. Werden solche Alltagsmasken häufig getragen, gewöhnt man sich schnell daran, sodass sie nicht mehr als Masken erlebt werden.
  • Kinderspielmasken: Kinder spielen mit großem Vergnügen „verkleiden“, schlüpfen in ihre jeweilig gewählte Rolle und spielen diese, solange es Freude bereitet; dann werden die gerade noch hoch identifiziert gespielten Rollen abgelegt (z.B. wenn die Mutter ruft „Das Essen ist fertig!“)
  • Faschings- und Karnevalsmasken: sind qualitative Veränderungen gegenüber der Alltagsmaske, dennoch nur für ein ganz bestimmtes Setting, eben den Fasching, den G´schnas, den Maskenball oder auch Karnevals wie in Rio de Janeiro.
  • Zirkusmasken: werden im Allgemeinen nur von den Darstellern und Artisten getragen und sind auch nur dem Zirkus-Setting vorbehalten.
  • Traditionelle Masken: begegnen wir in Trachten(ver)kleidungen, Perchtenmasken, Krampus- Masken – sie sind an die jeweilige kulturelle Einbettung gebunden und werden situationsbezogen getragen.

Schauspielmasken:

  • Kommen nur im Setting „Theater“ vor; sie sind an eine ganz spezifische Rolle gebunden, werden je nach Stück und Regie variabel umgesetzt und nach der Theateraufführung wieder abgelegt (im „Schwelllenraum“ der Garderobe).
  • Theatermasken werden nur von professionellen Schauspielern entlang der Regielinie aufgelegt (aufgeschminkt) und wieder abgelegt (abgeschminkt).
  • Innerhalb des Spektrums der Schauspiel- oder Theatermasken gibt es ein weites Feld von Masken, von fast alltäglich aussehenden bis zu skurrilen, stark andersartig aussehenden Masken.

Psychologische Masken:

  • Diese kommen vorwiegend im Kontext des Psychodrama vor: hier geht es um den Ausdruck innerer psychischer Konstellationen oder Themen, die je nach Zielsetzung therapeutisch oder spielerisch gehandhabt werden; diese „Psychomasken“ können (wie Schauspielmasken) fast alltäglich aussehen, aber am anderen Ende des Spektrums auch bizarr deformiert sein.
  • Psychologische Masken dienen der Selbsterfahrung und der persönlichen Entwicklung, Veränderung und Transformation; sie bewirken eine psychische Reinigung durch das Herzeigen, Ausdrücken, Ausspielen und somit auch Ausleben innerer Konstellationen, besonders von Konflikten und verdrängten Gefühlen, allen voran Aggressionen oder Ängsten.
  • Psychomasken zeigen oft die inneren Verletzungen und Deformationen, die ausgestülpt und nach draußen gestellt werden, um sie sichtbar zu machen und dann mit ihnen in eine (z.B. gestalttherapeutische oder psychodramatische) Interaktion zu treten, auch um in sozialen Interaktionen damit zu experimentieren, und schließlich auch um eine Katharsis und Neufindung herbeizuführen.
  • Kathartische Masken benutzen das Element der Katharsis zur Transformation: es wird ein psychischer Zusammenbruch des zu behandelnden Musters herbeigeführt, der danach in einen Heilungsprozess übergeleitet wird. Dies erfordert unbedingt die Begleitung durch einen erfahrenen Psychologen oder Psychotherapeuten und ist nicht für Einsteiger geeignet.

Katharsis (griechisch κάθαρσις kátharsis „Reinigung“) bedeutet nach Aristoteles die seelische Reinigung als Wirkung der antiken Tragödie


Mythologische und archetypische Masken

  • In vielen Märchen und Mythen kommen Gestalten mit besonderer Ausstattung vor, wobei die Ausstattung die Rolle definiert und beschreibt; so etwa Till Eulenspiegel, der Lustige Augustin, oder der Henker, die Hexe, der Zauberer, oder Götter verschiedener Pantheons (griechische, indische, afrikanische….)
  • Verwendet man eine mythologisch begründete Maske, zieht man die Gestalt und die Rolle der mythischen Gestalt auf sich und identifiziert sich eine bestimmte Zeitlang mit dieser Gestalt und spielt sie (hier zeigen sich Querbezüge zu psychologischen wie auch Kindermasken).
  • Archetypische Masken sind mythologische Masken im engeren Sinne – ranken sich Mythen doch meist um archetypischen Gestalten (König und Königin, Ritter, Krieger, aber auch Vater und Mutter, der Weise, auch Götter und Göttinnen). Diese Art von Masken kommen im Schauspiel genau so vor wie im Psychodrama oder gelegentlich auch im Zirkus.

Ritualmasken:

  • In allen Ritualkulturen, seien es das Hochamt der christlichen Messe, seien es Rituale  indigener Völker, überall werden Masken verwendet, um den religiösen Bezug herzustellen, zu zeigen und auszudrücken.
  • Wie Theatermasken sind Ritualmasken ausschließlich für den rituellen Gebrauch vorgesehen; eine Verwendung dieser Masken in nicht-religiösen, nicht-rituellen  Kontexten wird meist als grober Verstoß gegen die religiösen Gepflogenheiten gesehen und entsprechend geahndet.

Zauberwesen-Masken:

  • Hier zeigen sich wieder Querbezüge zu traditionellen, mythologischen und religiösen Masken: es sind maskenhafte Abdrücke von Wesen, die gewiss nicht in unserer rational-mentalen Alltagswelt beheimatet sind; so etwa Elfen, Zwerge, Trolle, aber auch das Einhorn, der Drache oder Dämonen.
  • Zauberwesenmasken kommen im zeitgenössischen esoterischen Kontexten wie in kindlichen Maskenspielen vor und lassen die Spieler in eine gänzlich andere Realität eintreten und mit ihr und den dort möglichen Kräften spielen.

Schamanische Masken von Tiergeistern und Wesen der Anderen Wirklichkeit:

  • Im ersten anthropologischen Raum „Welt“ (nach Pierre Lévy) lebten Menschen in nomadischen Stämmen in einer vorbewussten Einheit mit der Natur. Jedes Wesen, ob Stein, Pflanze oder Tier hatte eine materielle und eine geistige Dimensionalität (wobei dies Unterscheidungen aus der mental-rationalen Bewusstseinsstruktur heraus sind und damals in dieser Getrenntheit höchstwahrscheinlich gar nicht so erlebt wurden).
  • Mit Hilfe von schamanischen Ritualen (z.B. der Rasseltrance mit rituellen Körperhaltungen nach Felicitas Goodman oder anderen Metamorphose-Ritualen, wie bei Jean Houston oder Michael Harner) kann man nun in geeigneten Settings mit dem Geist eines Wesens, z.B. einem Tier, in Kontakt treten und eine (partielle) Brücke zu den vergangenen Lebensweisen bauen; je nach Zielsetzung des Rituals wird dann die Maske als Krafttiermaske gespielt.

Schattenmasken:

  • Diese Gruppe von Masken schlägt eine Brücke zum Schattenjahr: Schattengestalten sind oftmals gänzlich anders ausgestaltet – insbesondere bei Schattengestalten, die psychologisch gesehen sehr weit von der gelebten Alltagsrealität entfernt sind, sind Maskierungen sinnvoll und wertvoll.
  • Vor allem bei „gefährlichen“, weil oft als bedrohlich bewerteten psychischen Konstellationen sind Maskierungen höchst nützlich – seien es gewaltbezogene Masken (z.B. der Folterer oder der Henker), oder sexuell bezogene Masken (z.B. die aufgedonnerte Hure, der mit Goldketten geschmückte Zuhälter), oder eben die Verbindung beider Themenfelder im BDSM, wo sich viele, oft sehr bizarre Masken und Maskierungen finden.
  • Wie bei den Ritualmasken sind solche Schattenmasken sinnvollerweise nur im jeweiligen Kontext (Setting) zu verwenden und sollten besser nicht einfach in den Alltag übertragen werden.

Set, Setting und Absicht

Für die gesamte Beschäftigung und Arbeit mit Masken jeglicher Ausformung sind die psychologischen Kriterien „Set“, „Setting“ und „Absicht“ ganz entscheidend. Dies findet sich im Setting „Theater“ ebenso wie im Setting „Fasching“ oder bei Schattenmasken sexueller Ausprägung. Überall bestimmt das Setting den Kontext des Geschehens, von dem die Maske und das Spiel mit ihr ein integraler Bestandteil sind.

Das „Set“ bedeutet alles, was jeder aus seiner Geschichte und Kultur an Werten, Einstellungen, Haltungen, Erfahrungen, Gewohnheiten und Geschmäcker, aber auch Hoffnungen, Erwartungen oder Befürchtungen mitbringt. Daher spielt das Set die weitere entscheidende Rolle. Denn das Geschehen wird immer in sehr großem und damit niemals vernachlässigbaren Ausmaß geprägt, ja es kann nur unter Anerkennung des (mitgebrachten) Sets ablaufen. Sein Set lernt man am besten mit einem breiten Spektrum an Selbsterfahrung, kritischer Reflexion und Auseinandersetzung mit sich selbst und seiner Umwelt, wie auch in Krisen und Konflikten kennen. Je umfassender man sein Set kennt, desto reichhaltiger und vor allem bewusster kann das Spiel mit Masken werden.

Schließlich die Absicht: Wo will man hin? Was will man erreichen? Was soll das Ergebnis sein? All diese Fragen bewirken ein Herausarbeiten der Absicht. Ohne klare Absicht läuft jedes Spiel in irgendeine Richtung, verläuft sich jeder Weg im Dschungel unbewusster Absichten und endet jedes Maskenspiel in Überraschung – wenn es gut geht -, und in Verwirrung oder Verletzung, wenn man sich verläuft.
Das Dreigespann „Set, Setting und Absicht“ wird daher auch für das Maskenjahr der Schule essentiell sein, es wird großes Augenmerk darauf gelegt werden.

Damit die Übung gelingen möge!

Dr. Rudolf Kapellner, im April 2019

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